Bahnhof Wintersdorf

Bearbeitet von Robert Kohns

 
Nachdem am 2. Oktober 1911 die Strecke Bitburg - Niederweis bzw. l. Juli 1911 von Niederweis nach Irrel eröffnet wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis der restliche Bau der Eisenbahnlinie Irrel - Igel seine Fortsetzung erfahren sollte.

Als die projektierte Streckenführung feststand, wurde sie noch einmal von einer Kommission überprüft und für den Bau freigegeben. Diese Kommission schätzte auch die eventuellen Entschädigungen für die benötigten einzelnen Grundstücke ab. Generell sollte die Gemeinde das notwendige Terrain zur Verfügung stellen. Aber die Gemeinde konnte diese finanziellen Lasten nicht leisten. Die Grundstückskäufe gingen durch den bevorstehenden l. Weltkrieg zügig voran. Im Vergleich zur heutigen Zeit kann man sagen, es wurde großzügig verhandelt. Ein weggefallener Zwetschgenbaum wurde mit 20 Mark vergütet.

So wurde Anfang 1913 dann mit dem Bau zwischen Irrel und Wintersdorf begonnen. Die Bauarbeiten zwischen Wintersdorf und Metzdorf gestalteten sich schwierig. Bei Wintersdorf mussten Felsen abgetragen werden. Durch das Steilabfallende Gelände mussten einige Stützmauern gebaut werden. Bei Metzdorf hat diese eine Länge von 400 m und eine Höhe von ca. 30 m. Zu dem befand zwischen Metzdorf und Wintersdorf keine Straßenverbindung. Diese wurde erst 1930 erbaut. Zwischen Wintersdorf und Ralingen gingen die Bauarbeiten zügig voran. Hier war das Gelände ziemlich flach.

Wintersdorf wurde durch den Bahnbau hart getroffen. Das Dorf wurde regelrecht durch den Bahndamm getrennt. Dies erkennt man daran, dass zur Trassierung zwischen zwei landwirtschaftlichen Höfen, die 25 m von einander entfernt lagen, einen Erddamm von 3,50 m Höhe aufgeschüttet wurde. Teilweise bestanden die Aufschüttungen 5,00 m. Die beiden getrennten Höfe legten Beschwerden hierüber ein. Während des Baues wurden an den Anwesen Beschädigungen durch die Bauarbeiten festgestellt. Ferner sind bei anderen Anwesen ganze Hofräume durch den Bahnbau in Mitleidenschaft gezogen worden. Vermutlich wurden hierzu Entschädigungen gezahlt!


Auszug aus der Ortschronik von Wintersdorf (Autor: B. Bölkow):
„Auch das gesamte Gelände des Wintersdorfer Bahnhofs besteht aus einer riesigen planmäßig betriebenen Aufschüttung. Das Erdmaterial wurde zu diesem Zweck mit Loren über die Eisenbahntrasse aus dem Bereich „Unterer Gehenberg" herangeschafft. Der Hang wurde dort zu einem großen Teil abgetragen, wobei man gleichzeitig den durch den Bahnbau in der Flur „Kehrten" unterbrochenen Weg nach Ralingen nunmehr oberhalb der Bahnlinie und am Fuß des Berghanges an der Ritzkaul entlang führte. Doch war man vorläufig weiterhin gezwungen, den Schienenweg vor der Röder zu kreuzen und zwischen Bahn und Sauer weiterzufahren. Zum Zwecke der Überfahrt wurde unterhalb der Ritzkaul ein schrankenloser Bahnübergang geschaffen. Die gleiche Einrichtung gab es auch noch im oberen Flürchen und unterhalb des Backesgrabens. Um Gefährdungen für Benutzer dieser Bahnübergänge auszuschalten, hatte der Lok- bzw. Triebwagenführer 30nn m vorher zu läuten und zu pfeifen (weißes Hinweisschild mit schwarzem LP). Auf den Kehrten legte man einen einfachen Fußgängerüberweg an. Außer der schon erwähnten Dorfbrücke gab es im Wintersdorfer Gemarkungsbereich zwei weitere derartige verkehrstechnische Einrichtungen: Die Katzenbachbrücke einschließlich Fahrweg auf Zenzig und als Zugeständnis an die Borner Bürger (Luxemburg), eine kleinere Brücke unterhalb des Stranges. Dort befand sich eine Furt durch die Sauer. Damit die Bahnlinie nun nicht die Luxemburger von ihrem Grundbesitz jenseits des Bahnkörpers abschnitt, wurde eine Unterführung gebaut und ein Weg oberhalb der Bahn in Richtung Zenzig angelegt. Straßentrasse und Straßenbegrenzungssteine aus hiesigem Sandstein künden bis heute von dieser Verkehrsführung, obwohl dieser Weg in Vergessenheit geraten ist.“

Am l. September 1915 war es dann soweit. An diesem Tage konnte der Abschnitt zwischen Igel und Wintersdorf seiner Bestimmung übergeben werden. Am 15. Oktober 1915 wurde dann der fehlende Abschnitt zwischen Wintersdorf und Irrel freigegeben werden. Damit war das Sauertal an das große Eisenbahnnetz angeschlossen. Ob es hierzu große Feierlichkeiten gab, konnte bislang nicht festgestellt werden. Vermutlich gab es diese !

Dies bedeutete für das gesamte Sauertal einen riesigen Fortschritt. Es taten sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten auf. Die Bewohner konnten sich nach Arbeitsmöglichkeiten Richtung Bitburg bzw. Trier orientieren. Sie waren sehr Beweglich geworden. Landwirtschaftliche Produkte (Rüben, Kartoffeln, Getreide) aber auch die Steine aus den ortsnahen Steinbrüchen konnten auf bequeme Art abtransportiert werden. Mit Fuhrwerken brachten sie diese zum Bahnhof. Diese wurden dann an der Rampe oder dem Freiladegleis verladen. Umgekehrt konnten die Bewohne Kohle, Briketts, Düngemittel oder Sonstiges anliefern lassen.

Aus einer Statistik aus dem Jahre 1927 ist zu ersehen, dass in Wintersdorf 11915 Fahrkarten verkauft wurden. An Gütern wurden 35 Gepäckstücke, 3 t Expressgut, 471 Stückgut, 285 t Milch, 1738 Wagenladungen, l Stück Großvieh, 48 Stück Kleinvieh und 31t Dienstgut Versand. Im Empfang waren 40 Gepäckstücke, 10 t Expressgut, 167 t Stückgut, 724 Wagenladungen, 16 Stück Großvieh und 203 t Dienstgut. Einen weiteren Aufschwung brachte der Westwallbau 1938. Hierzu wurden Sand, Steine, Eisen und sonstiges Material angeliefert. An verschiedenen Bahnhöfen im Sauertal wurden zusätzliche Gleise angebaut.

Durch die Wirren des 2. Weltkrieges und durch den Rückzug der deutschen Truppen kam der Eisenbahnverkehr ab dem Herbst 1944 zum Erliegen. Das Sauertal war zu dieser Zeit Frontlinie und gehörte zur Roten Zone. Sämtliche Brücken wurden infolge der Kämpfe zerstört. Nach Kriegsende dauerte es einige Jahre bis zum Wiederaufbau. In mehreren Teilabschnitten wurde die Strecke wieder hergestellt. Es begann mit dem Abschnitt Erdorf- Bitburg, wo am 15. 9. 1948 der Betrieb wieder aufgenommen wurde. Es folgten Bitburg - Niederweis am 17. 12. 1949, Metzdorf- Igel am 14. l. 1950, Metzdorf- Edingen am 24. 9. 1950. Etwas später wurde dann auch der Abschnitt zwischen Edingen und Nierderweis freigegeben. Hierdurch wurde die Eisenbahn wieder ein beliebtes Verkehrsmittel. Aber dies währte nicht lange!

Denn mit dem Aufschwung der Wirtschaft und der starken Zunahme der Industrie verlor die Eisenbahn im Sauertal immer mehr an Bedeutung. Die modernen Verkehrsmittel Pkw und Lkw übernahmen zusehends die Beförderung von Personen und Gütern. Mit dem Beginn des 1960er Jahre war abzusehen, wann die Sauertalbahn ihren Betrieb einstellen würde. Bei der Ankündigung, die Strecke Igel - Irrel einzustellen, regte sich wenig Widerstand aus der Bevölkerung sowie auch aus der Gemeinde. So endete am 28. September 1968 die Ära der Sauertalbahn in Wintersdorf. Kurz nach der Stilllegung wurden die Gleise abgebaut und es blieb nur die Trasse, die heute zugewachsen ist. Der Bahnhof sowie das Gelände wurden bis zur Banngrenze Metzdorf an eine Privatperson verkauft. Später wurde das Bahngelände an die Gemeinde Ralingen verkauft. Der Bahnhof blieb in Privatbesitz. Ein großer Teil der Bahntrasse ist heute ein Radweg zwischen Ralingen und Wintersdorf bzw. nach Metzdorf. An einigen Stellen kann man noch erkennen das, dass hier früher mal Bahngelände war.

Es ist auch noch von Unfällen im Bereich von Wintersdorf zu berichten. Im Winter 1953/54 wollte eine Person von einem aus Irrel zurückkehrenden leeren Tankzug etwas Benzin besorgen. Der Zug hatte in Wintersdorf abends immer einen kleinen Aufenthalt. Mit einer Karbidlampe leuchtete die Person am Auslaufstutzen des Tankwagens. Plötzlich fing der Tankwagen Feuer. Dabei erlitt die Person schwere Verbrennungen. Die Feuerwehr Wintersdorf löschte den Brand.

Ein weiterer Vorfall ereignete sich 1958. Ein junger Mann, der zu dieser Zeit in Wintersdorf wohnte, sprang, um sich das Leben zu nehmen, vor einen Zug und wurde tödlich verletzt.

Auf der Stecke zwischen Wintersdorf und Metzdorf ereigneten sich 1938 zwei schwere Unfälle, wobei Tode und Verletzte zu beklagen waren. Diese beiden Unfälle werden in dem Metzdorfer Abschnitt behandelt, da diese sich auf der Gemarkung Metzdorf ereigneten.


Quellen:
Bodo Bölkow: Chronik Wintersdorf,
LHA Koblenz,
Geschichte der Eifelbahnen,
Zeitzeugen