Igel
Dieser Abschnitt teilt sich in zwei Bereiche:
- Enstehung der Eisenbahn rund um Igel (Robert Kohns)
- Der Bahnhof Igel (Markus Schiffer)
1. Entstehung der Eisenbahn rund um Igel
zusammengestellt von Robert Kohns
Mit der Eröffnungsfahrt der ersten deutschen Eisenbahn am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth begann ein neues Transportzeitalter. Aber für unseren hiesigen Raum sollten noch 20 Jahre vergehen, bevor die Eisenbahn ihren Einzug hielt.
Durch Gründung von Eisenbahngesellschaften fing auch die Eisenbahn für unseren hiesigen Raum an, Bedeutung zu gewinnen. Eine belgische Eisenbahnverwaltung plante etwa um 1845 den Bau einer Eisenbahn von der Nordseeküste über Arlon – Metz nach Basel. Von Arlon war eine Abzweigung über Luxemburg, Remich – Nennig (Moselbrücke) vorgesehen. Diese Linienführung löste bei den Stadtvätern von Trier und den umliegenden Gemeinden, so auch in Igel, Empörung aus, da die Region von dieser wichtigen Verkehrsader nicht unmittelbar berührt wurde. Man forderte daher, die Bahn von Luxemburg über Wasserbillig und Igel nach Trier zu führen. Die Unruhen des Jahres 1848 ließen dieses Projekt später jedoch zunächst in den Hintergrund treten.
Luxemburg griff das Vorhaben später erneut auf. Einem in Trier gegründeten Eisenbahnkomitee gelang es dann, die Eisenbahnstrecke mit der Linienführung Luxemburg – Wasserbillig – Trier – Konz – Merzig – Saarbrücken in die Planung einzubringen. Mit Hilfe des preußischen Staates konnte schließlich die Umsetzung erfolgen, wobei sicher militärisch-strategische Gründe bestimmend waren.
Der erforderliche Grunderwerb wurde teils durch – entschädigungslose -Enteignungen der jeweiligen Grundstücksbesitzer „getätigt“, wenn diese ihre Parzellen nicht freiwillig verkaufen wollten. Verzögerungen ergaben sich auch durch die am Streckenlauf befindlichen Gemeinden, die die aus ihrer Sicht best mögliche Anbindung des Ortes an die Eisenbahn erreichen wollten. Hiervon erhoffte man sich einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Am 7. Mai 1856 ermächtigte ein Gesetz den Minister, eine Eisenbahn von Saarbrücken, die Saar abwärts bis Konz, die Mosel bei Heidenberg überbrückend nach Trier und Igel bis zur Luxemburger Grenze in Richtung der Hauptstadt Luxemburg zu verwirklichen.
Nach dem Kaiser Friedrich Wilhelm der IV. den Startschuss zum Bau der Eisenbahn gegeben hatte, konnte am 25. Juni 1856 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Vorwiegend werden militärische Gründe ausschlaggebend gewesen sein, dieses zu damaligen Zeiten gigantische Bauvorhaben umzusetzen. Preußen wollte mit Hilfe der Bahn seine militärische Schlagkraft gegenüber dem seinerzeitigen „Erzfeind“ Frankreich stützen. Insgesamt verschlang die Herstellung dieser Bahn acht Millionen Taler, entsprechend heute 12,3 Millionen Euro. Die Kosten wurden vom preußischen Staat übernommen, ansonsten wäre der Bahnbau wohl nicht finanzierbar gewesen.
Bereits nach fünf jähriger Bauzeit konnte die Strecke Saarbrücken – Merzig – Konz – Trier eingeweiht werden. Die erste Streckenführung nach Trier führte von Konz über eine Moselbrücke nach Trier West. Die Eröffnung und Einweihung fand am 25. Mai 1860 mit einer Sonderfahrt von Saarbrücken nach Trier mit viel Prominenz statt.
Es sollte noch ein weiteres Jahr vergehen, bis die Flügelbahn von Konz nach Igel – Luxemburg über die Moselbrücke fertig gestellt war. Die Eröffnung dieser Strecke fand am 29. Juni 1861 statt, offiziell eingeweiht wurde sie am 14. August 1861. Prinz Heinrich von Luxemburg stieg in Wasserbillig in einen Sonderzug, in dem auch die Vertreter der preußischen Regierung und der Königlich-Preußischen Eisenbahn-Direktion (Saarbrücken) saßen. Die Fahrt führte über Igel nach Konz. Hier musste dann die Lok gewechselt werden, um weiter nach Trier (West) zu fahren. Die Querverbindung bei Heidenberg bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie wurde erst am 20. August 1900 eröffnet. Der erste fahrplanmüßige Betrieb jedoch wurde erst am 29. August 1861 aufgenommen.
Die Eisenbahnanbindung Igels führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung der Gemeinde. Im Gegenzug ging die Verkehrsbedeutung der Moselfrachtschifffahrt erheblich zurück, kam sogar teils zum Erliegen. Die Bahn war eben das modernere, weil schnellere Verkehrsmittel.
Während des deutsch/französischen Krieges 1870/1871 war die Eisenbahnverbindung nach Luxemburg zeitweise unterbrochen.
Durch den Bau weiterer Eisenbahnverbindungen durch die Eifel von Köln nach Trier 1871 und Koblenz – Trier 1879 mit Anschluss an die Industrie im Ruhrgebiet wurden die Güterzüge immer schwerer.
Daher kamen um 1907 im Bereich der Konzer Moselbrücke Überlegungen auf, das umständliche und kostentreibende Nachschieben der schweren Züge von Karthaus über die Moselbrücke zu beenden. Dazu sollte der Bereich zur Moselbrücke nach Luxemburg neu gestaltet werden. Dies führte dazu, dass die Strecke zur Obermosel aus gebaut wurde (Eröffnung am 15. Mai 1878). Hierzu wurde die Strecke über die Konzer Saarbrücke genutzt. Direkt hinter dieser Brücke wurde über einen Damm in Richtung Mosel eine zweigleisige Strecke errichtet, die zu einer neuen Moselbrücke nach Igel führte. Kurz hinter Heidenberg führte die Strecke über einen Damm nach Igel und mündete in Igel Ost in die bestehende Strecke ein.
Von der Reiniger Seite (Wasserliesch Granahöhe) wurden zwei Stahlbögen über die Mosel gebaut. Auf der Igeler Seite wurde in Steinbauweise weiter gebaut. Der Volksmund nannte das zwischen 1907 und 1912 errichtete Bauwerk „Hindenburgbrücke“. Am 20. April 1912 konnte die Linie Karthaus – Saarbrücken – Moselbrücke – Igel dem Betrieb übergeben werden. Von nun an konnten die schweren Kohlen- und Kokszüge diese Brücke, ohne Schiebedienst, benutzen.
Im Februar 1945 wurde diese Brücke durch Kriegseinwirkungen zerstört. Damit war die Strecke unterbrochen. Am 5. Dezember 1953 wurde entschieden, diese Brücke nicht wieder aufzubauen. Die Überreste der Brücke sind heute noch zusehen, sowie der Damm von der Mosel bis zur Einmündung in Igel Ost. Der Pfeiler in der Mitte der Mosel wurde beim Bau des Moselkanals 1960 abgerissen. Nicht nur diese Brücke sondern viele andere Bauwerke, entlang der Grenze zu Luxemburg, wurden durch die Kriegsereignisse zerstört oder beschädigt. Hierzu gehörte auch die Eisenbahnbrücke in Wasserbilligerbrück.
2. Rund um den Bahnhof
zusammengestellt von Markus Schiffer
Eine weitere Eisenbahnverbindung fand in Igel ihren Ausgang. Sie zweigte von der Hauptstrecke Richtung Wasserbillig/Luxemburg etwa zwei Kilometer westlich hinter Igel ab und führte durch Sauer- und Nimstal über Ralingen, Irrel und Bitburg bis Erdorf. In Erdorf bestand der Anschluss zur Eifelbahn Trier – Köln (eröffnet 1871). Der Abzweig lag im Bereich der so genannten „Löwener Mühle“. Hier haben sich bereits 1914, also vor Fertigstellung der Nims- Sauertalbahn, die Anlieger um die Einrichtung eines Haltepunktes bemüht, so eine Meldung in der damaligen Trierischen Zeitung vom 3. Juli 1914.
Ursprünglich befand sich der im Zuge der Eröffnung der Bahnlinie Trier – Igel – Luxemburg 1861 errichtete Bahnhof im Bereich des heutigen Ortseingang Igels von Wasserbilligerbrück aus gesehen. Erst die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen zu Beginn des letzten Jahrhunderts machten einen Neubau des Gebäudes einige hundert Meter ortseinwärts notwendig. So meldet der Trierische Volksfreund vom 30. Oktober 1925, dass bereits im Jahre 1915 die am Westeingang des Ortes gelegene Haltestelle aufgegeben und das Dienstgebäude „niedergelegt“ worden sei. In jenem Jahr sei auch das neue (heute bekannte) Bahnhofsgebäude seiner Bestimmung übergeben worden.
Im selben Zeitungsartikel wird auch davon berichtet, dass seit der Eröffnung „unserer“ Nims-Sauertalbahn das Verkehrsaufkommen im Bahnhof Igel weiter zugenommen habe.
Besonders Igel hatte nach dem Ersten Weltkrieg als Grenzbahnhof Aufgaben der Zollabfertigung zu übernehmen, was Grund für die vergleichsweise ausgedehnten Gleisanlagen war. So berichtet der Trierische Volksfreund in seiner Ausgabe vom 6. Februar 1930: Rund 52.000 Wagenladungen seien 1929 aus Richtung Luxemburg gekommen, davon 32.000 mit Thomasmehl o. ä. und etwa 12.000 Wagen mit Erz. In entgegengesetzte Richtung seien gar 122.000 Wagen zolltechnisch abzufertigen gewesen, davon allein mit Brennstoffen 103.000 Wagen, der überwiegende Rest mit Holz, Eisen und Maschinen. Weiter seien im Bahnhof Igel im Jahre 1929 rund 40.000 Fahrkarten, davon 1.800 in Richtung Luxemburg verkauft worden. Dies belegt, dass in jenen Jahren die Verkehrsströme der Fahrgäste überwiegend ins Landesinnere erfolgten, der Güterverkehr jedoch überwiegend ins westliche Ausland rollte.
Welche Bedeutung der Igeler Bahnhof für den Bahnverkehr auch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatte, belegt eine Personalstatistik der Reichsbahndirektion Saarbrücken aus dem Jahre 1949 (vor Gründung der Deutschen Bundesbahn): Zum Stichtag 27. Januar 1949 waren alleine bei der Eisenbahndienststelle Igel 46 Eisenbahner beschäftigt.
Auch der Umfang der Gleisanlagen ist Ausweis der besonderen Verkehrsbedeutung des Bahnhofs Igel als Grenzbahnhof. Nach dem Zweiten Weltkrieg umfasste der Bahnhof ca. zehn Gleise mit Nutzlängen von 95 m bis 684 m; für einen an sich kleinen Ort wie Igel mehr als beachtlich.
Die Fahrtzeiten eines Zuges von Igel nach Bitburg und zurück macht ein in der Konzer Zeitung vom 3. Januar 1953 auszugsweise veröffentlichter Fahrplan deutlich:
Igel – Bitburg: | In der Gegenrichtung: | ||
Igel | ab 6:52 Uhr | Bitburg | ab 17:33 Uhr |
Irrel | ab 7:28 Uhr | Niederweis | ab 17:56 Uhr |
Bitburg | an 7:50 Uhr | Ralingen | ab 18:14 Uhr |
Igel | an 18:55 Uhr |
In der Meldung erfolgte der Hinweis, dass der Zug nur an den angegeben Haltepunkten und Bahnhöfen hielt.
Nachdem bereits seit Oktober 1952 im Betriebswerk Trier die damals neuen roten Schienenbusse VT 95 stationiert waren, ist davon auszugehen, dass im Regelfall die Verbindung nicht mit lokbespannten Zügen, sondern mit diesen modernen Triebwagen bedient wurden. Doch auch diese konnten den Siegeszug des Individualverkehrs nicht aufhalten, so dass der Personenverkehr auf der Nims-Sauertalbahn bereits teilweise 1968, endgültig im Oktober 1969 eingestellt wurde. Heute erinnern nur noch wenige Relikte an eine längst vergessene Bahn.
Der Bahnhof Igel hat durch seine Lage an der Verbindung Trier – Luxemburg nach wie vor seine Bedeutung, wenn-gleich Aufgaben der Zollabfertigung durch das vereinte Europa heute nicht mehr wahrzuneh-men sind. Regelmäßige Gäste im Bahnhof Igel sind auch heute noch Lokomotiven und Wagenmaterial, aber auch Triebfahrzeuge der Luxemburger Staatseisenbahn CFL. Diese sind in die Fahrpläne u. a. zwischen Trier und Luxemburg (Stadt) fest einge-bunden. Wie das untenstehende Bild zeigt, gab es diese Einrichtung bereits zumindest schon 1960, als mangels Elektrifizierung bzw. mangelnder Kompatibilität der Stromsysteme die-selgetriebene Lokomotiven eingesetzt wurden. Somit war und ist die Geschichte des Igeler Bahnhofs untrennbar mit der luxemburgischen Eisenbahn verbunden.
Eröffnung der Eisenbahnstrecken um Igel:
Merzig – Konz – Karthaus Moselbrücke – Trier West 26. 05. 1860
Karthaus Moselbrücke – Karthaus Nordwest – Igel – Wasserbillig ehem. preuß. Landesgrenze 29. 08. 1861
Luxemburg – Wasserbillig – ehem. preuß. Landesgrenze 29. 08. 1861
Echternach – Wasserbillig (Prinz-Heinrich-Bahn) 20. 05. 1874
Gerolstein – Erdorf – Ehrang – Trier West 01. 07. 1871
Ehrang – Trier Hbf – Karthaus – Perl ehem. preuß.
Landesgrenze - Diedenhofen (Frankreich) 15. 05. 1878
Konz – Karthaus 15. 05. 1878
Koblenz – Cochem – Wengerohr –Ehrang 15. 05. 1879
Karthaus Moselbrücke – Karthaus West 22. 09. 1893
Karthaus Nordost – Karthaus Nordwest 20. 08. 1900
Karthaus – Karthaus West – Konzer Saarbrücke –
Moselbrücke Igel 20. 04. 1912